Guten Morgen, Herr Hund

Toni Hund
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Jeden Morgen, wenn er durch das Viertel spazierte und sein Revier markierte, grüßten ihn die anderen Hunde freundlich und respektvoll mit „Guten Morgen, Herr Hund“. Die Pudeldame von gegenüber, der kleine Mops von um die Ecke, sogar der Schäferhund eine Straße weiter. Allen hatte er inzwischen eingeschärft, dass er hier Chef im Viertel war und es sich so gehörte, dass sie kurz ehrfürchtig anhielten, ihm zunickten und „Guten Morgen, Herr Hund“ sagten. Er grüßte dann nur brummig und kurz zurück: „Morgen.“

 

Man würde denken, Toni, der Chef vom Viertel, wäre eine Mordserscheinung, groß und imposant, mit einem tiefen, bassigen Bellen, der alle Hunde nach seiner Pfeife tanzen ließ. Stattdessen aber war Toni „Hund“ ein kleiner Rauhaardackel mit reichlichen kurzen Beinen und einer auf seine alten Tage immer dicker werdenden Plauze. In seinen Augen war er allerdings der Größte, denn er war viele Jahre mit seinem Herrchen zur Jagd gegangen und ein erfolgreicher Jagddackel gewesen. Toni war eingebildet – und verwöhnt. Was die Nachbarschaft nicht wusste: Er war nicht nur ein pensionierter Jagdhund, er wurde von seinem besorgten Herrchen aufgrund eines Herzfehlers in „Frührente“ geschickt, der ihn vom Tierarzt toll behandeln ließ und seitdem mit den besten Leckereien umsorgte. Hinzu kam die mangelnde Bewegung ohne den Jagdsport und die Medikamente für sein Herz, die ihn ein bisschen träger machten als sonst, und schon hatte Toni diesen Speck, der sich am Bauch festsetzte. Was hätte er tun sollen? Auf die Leckereien verzichten? Kam nicht in Frage!

 

Während Toni „Hund“ noch mit seinen eigenen kleinen Problemchen beschäftigt war, wimmelte das ganze Viertel bereits von wilden Gerüchten über einen Neuen. Als er morgens mit Herrchen in den Park ging und auf die übliche Morgenrunde traf, redeten sie alle gleichzeitig auf ihn ein, in der Annahme, er, als Chef des Viertels, habe natürlich schon längst von der Neuigkeit erfahren. „Und? Weißt du schon was? Weißt du mehr als wir?“ fragte Rosi, die Pudeldame.

Toni ließ sich nichts anmerken, obwohl er keine Ahnung hatte, wovon sie eigentlich sprachen.

„Er soll ja total chic sein, hochbeinig und gestromt“, mutmaßte die Jack-Russel-Hündin, die Toni persönlich sowieso für total plemplem hielt.

„Ja, und er soll irgendwo aus Südeuropa kommen, Spanien oder Griechenland oder so“, fügte der kleine Nachbarsspitz hinzu.

„Ein Import-Rüde also“, brummte Toni, nur um etwas beizutragen. Er hatte den Eindruck, ein neuer Rüde kündigte sich in seinem Revier an. Er musste seinen Standpunkt gleich klar machen und gleichzeitig, so viel über diesen Neuen herausfinden wie möglich!

Der kleine Mops von um die Ecke röchelte: „Ach Toni, du bist immer so verbohrt. Er soll ein ganz toller Kerl sein. Ein junger Mischling. Ich glaube, er heißt Chico. Na ja, früher oder später werden wir ihn ja alle kennenlernen.“

„Na, hat ihn denn noch keiner von euch gesehen? Woher wisst er denn dann alle schon so viel über ihn?“ fragte Toni.

Alle guckten in die Runde und dann zu Toni. Betretenes Schweigen. Die Runde löste sich auf, weil Herrchen und Frauchen mit ihrem Geschwätz fertig waren und die Hunde alle in eine andere Richtung davon zerrten.

Toni ließ diese Sache auf dem Heimweg keine Ruhe. Er persönlich hielt ja von Mischlingen nicht viel. Da wusste man nie, womit man es zu tun bekam. Und dann auch noch ein südländischer toller Hecht, na das fehlte ihm gerade noch in seinem Viertel!

 

Es kam, wie es kommen musste, eines morgens traf Toni „Hund“ auf den neuen jungen Mischlingsrüden ...



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